Schmutziger Krieg gegen die Maisvölker

30. August 2015

(Mexico-Stadt, 22. August 2015, la jornada).- Am 19. August 2015 hob der Richter Francisco Peñaloza Heras vom 12. Distriktgericht in Zivilsachen die Vorsorgemaßnahme auf, aufgrund derer seit zwei Jahren die Aussaat von Genmais in Mexiko suspendiert ist. Die Maßnahme war die Antwort auf eine Kollektivklage wegen der Schäden von Genmais für die Biodiversität und die Gesundheit. Die Aussetzung bleibt gültig, weil die Vereinigung Colectivas AC unverzüglich Berufung gegen die jüngste Entscheidung einlegte. Colectivas AC ist gesetzliche Repräsentantin des Klägerkollektivs von 53 Bürger*innen und 20 Organisationen, die die Klage 2013 einreichten.

Die Form, in der Richter Peñaloza seine Entscheidung traf, ist eine weitere Stufe im „schmutzigen Krieg“ gegen den kleinbäuerlichen Mais und die Maisvölker. Der Richter ignorierte die Argumente der Kläger*innen und unabhängigen Wissenschaftler*innen und stützte sich stattdessen auf die Aussagen von Monsanto und anderer Unternehmen. Im Gleichschritt mit der Entscheidung überfluteten die Gentechnikmultis die Presse mit Kommentaren, in denen sie versicherten, die Aussaat sei freigegeben. René Sánchez Galindo, Anwalt des Klägerkollektivs kritisierte: „Monsanto hat eine neue Lügenkampagne begonnen. Es stimmt nicht, dass der Weg für die Aussaat von Genmais freigegeben ist.“

"Lügenkampagne" von Monsanto

Die Lügen des Genmultis beschränken sich nicht auf die legalen Aspekte der Klage. Das Unternehmen verwendet viel Zeit und Ressourcen darauf, Daten zu fälschen. Es will vertuschen, was wirklich mit den Transgenen in den Ländern passiert, wo sie massiv angebaut werden; wie in den USA, wo Monsanto seinen Sitz hat. Dort gibt es fast zwei Jahrzehnte umfassende offizielle Statistiken. Diese – und nicht die auf von Unternehmen finanzierten zielgerichteten Studien, denen nur bestimmte Daten entnommen werden – belegen eine Realität in diesem Land, die zeigt, dass die Transgene teurer als die bereits existierenden Hybridsorten sind. Im Durchschnitt ist ihr Ertrag geringer und sie haben einen exponentiellen Anstieg der Nutzung von Agrargiften bewirkt. Die Auswirkungen auf Böden und Wasser sind verheerend. Zudem gibt es inzwischen mehr als 20 glyphosatresistente „Superunkräuter“.

Die Industrie versichert, der mit dem Toxin Bt manipulierte Genmais habe die Nutzung von Agrargiften verringert. Aber sie verschweigt, dass die Plagen resistent gegen Bt geworden sind und die Verwendung der Agrargifte nach einer anfänglichen Verringerung Jahr für Jahr gestiegen ist. Darum sind die Unternehmen davon abgerückt, Saatgut von Bt-Mais zu verkaufen. Stattdessen wollen sie mehr Mais mit mehrfachen Genveränderungen verkaufen: neben Bt mit der Toleranz gegen ein oder mehrere hochgiftige Pestizide wie Glyphosat, Glufonsinat, Dicamba und sogar 2,4-d. Damit multipliziert sich die Nutzung der Giftstoffe schwindelerregend.

Die Verwendung von Giftstoffen steigt

Die Unternehmen versichern ebenfalls, die „Koexistenz“ von Genmais und kleinbäuerlichem Mais sei möglich. Zahlreiche wissenschaftliche Studien und Statistiken belegen jedoch das Gegenteil: Wo immer Genanbau betrieben wird, gibt es auch Verunreinigung. Sei es durch von Wind oder Insekten transportierten Pollen – über Distanzen, die weit über die in den Gesetzen „vorgesehenen“ Entfernungen hinausgehen – oder durch Umlagerungen bei Transport, Lagerung, Verkauf an den Stellen, wo es keine Trennung zwischen Transgenen und anderem Saatgut gibt. Viele Studien in Mexiko einschließlich der des Umweltministeriums Semarnat zeigen hunderte Fälle der transgenen Verunreinigung kleinbäuerlicher Maissorten auf, obwohl die Aussaat von Genmais illegal ist. Den Anbau zu legalisieren würde die Kontamination brutal ausweiten. Es wäre eine direkte Bedrohung für die biologische Vielfalt und das wichtigste genetische landwirtschaftliche Erbe in Mexiko, das Millionen von Kleinbäuer*innen und Indígenas dem Land vermacht haben und dies weiterhin tun.

In den USA ist die transgene Verunreinigung allgegenwärtig. Monsanto hat damit ein Geschäft gemacht. Der Konzern verklagt die Oper der transgenen Kontamination wegen der Verwendung seiner patentierten Gene. Das hat dem Unternehmen hunderte Millionen Dollar in Gerichtsverfahren und durch außergerichtliche Vergleiche eingebracht. Vor kurzem erklärte Monsanto, der Konzern werde die Landwirte in Mexiko nicht vor Gericht bringen. Es wäre absurd, dies zu glauben. Natürlich wird dies sein Vorgehen sein, wenn die Bedingungen es erlauben. Seit 2004 veröffentlichte Monsanto in Zeitungen des Bundesstaates Chiapas Hinweise, die „illegale“ Nutzer*innen seiner patentierten Gene bei „Import, Aussaat, Aufbewahrung, Vermarktung oder Export“ warnten, sie könnten Haft und hohe Strafen erleiden. Außerdem hetzte der Konzern: Wer „von einer irregulären Situation weiß“, solle sich mit Monsanto in Verbindung setzen, um zu vermeiden, als „Komplize“ beschuldigt zu werden. Wenn das Unternehmen diesen Weg nicht weiterverfolgte, dann deswegen, weil es keinen Rechtsrahmen dafür gab. Um dies zu korrigieren, übt der Konzern derzeit Druck aus.

Genmaisnutzer*innen könnten hohe Strafen drohen

Die Multis lügen, wenn sie behaupten, die Transgene seien unschädlich für die Gesundheit. Zuerst einmal weisen die Transgene bis zu zweihundertmal höhere Werte an Glyphosat-Rückständen auf. Das Pestizid wurde im März 2015 von der Weltgesundheitsorganisation als krebserregend eingestuft. Fast jeden Monat erscheinen neue Artikel mit Belegen zu Schäden, die die Transgene für Gesundheit und Umwelt bedeuten. So veröffentlichte beispielsweise am 14. Juli 2015 die wissenschaftliche Zeitschrift „Agricultural Science“, deren Artikel durch Kreuzgutachten gegengecheckt werden, eine Forschung von Dr. Shiva Ayyadurai. Dieser belegt, dass Gensoja die krebserregende Substanz Formaldehyd anhäuft. Dies geht einher mit einer drastischen Abnahme von Glutathion, einem wesentlichen Antioxydans für die Zellentgiftung. Die Studie analysierte 6.497 Experimente von 184 wissenschaftlichen Institutionen in 23 Ländern. Sie widerlegt deutlich das Prinzip der „substantiellen Äquivalenz“. Dieses Prinzip wird für die Bewertung der Transgene angewandt, indem fälschlicherweise angeführt wird, diese seien herkömmlichen Produkten gleichwertig. Es herrscht große Unkenntnis darüber, wie der transgene Charakter die Biologie des Mais beeinflusst und welche Auswirkungen er auf die biologische Vielfalt und die Gesundheit der Bevölkerung in einem Land wie Mexiko hat, das mehr Mais als jede andere Nation konsumiert.

Der Krieg verschärft sich. Aber genauso nehmen die Widerstände zu. Darunter befindet sich das „Moratorium der Bevölkerung“, das keinen Genmais auf unseren Feldern und Tischen erlaubt. Dieses Moratorium wird Bestand haben.

http://www.npla.de/de/poonal/5238